Translater:
Was
kommt immer an beim Wahlvolk, wie steigert man die Popularität
der eigenen Partei? Richtig, wenn alles nichts mehr hilft: Die
Forderungen nach höheren Einkommens- oder Vermögenssteuern
finden immer großen Anklang.
Das
einfache Kalkül: Großverdiener und Wohlhabende stellen nur
eine kleine Minderheit der Bevölkerung - also profitiert der
überwiegende Teil der Bevölkerung von höheren
Zwangsabgaben für die Reichen. Zumindest dem ersten Anschein
nach.
Eine sachliche Bewertung brächte allerdings ein ganz anderes,
für viele überraschendes Ergebnis. Denn höhere
Vermögenssteuern haben böse Folgen - viele Betuchte finden
sich leider nicht so einfach ab in ihrer Büßerrolle und
suchen nach Auswegen.
Und
diese Auswege finden sie im Ausland. Dort wimmelt es geradezu von
Steuerparadiesen. Überall in der Welt buhlen die Staaten um die
Spitzen der Gesellschaft, die Eliten, Investoren und
kaufkräftigen Konsumenten. Geld ist nun einmal das Schmiermittel
des Kapitalismus bzw. der eigenen Volkswirtschaft - wem es gelingt,
Reiche ins Land zu locken, der kurbelt die Wirtschaft an.
Das Gegenteil geschieht, wenn man den Geldadel verprellt oder mit
hohen Steuern aus dem Land vergrault. Ein Staat, der so engstirnig
handelt, wird nur wenig Freude an den kurzfristigen
Steuermehreinnahmen haben. Denn lediglich in den ersten Jahren werden
einige zusätzliche Milliarden in die Staatskasse fließen -
weil der Exodus der Reichen nicht abrupt, sondern fließend
verläuft. Die Betroffenen müssen sich erst einmal
umorientieren, die Möglichkeiten ausloten und sich für eine
neue Wahlheimat entscheiden. Es gehen einige Jahre ins Land, bis aus
den anfänglichen Steuermehreinnahmen satte Verluste werden.
Wem
nützen hohe Vermögenssteuern, wenn letztlich kaum jemand
bleibt, der sie zahlen will?
Dabei
geht es ja nicht nur um den Verlust der direkten Steuereinnahmen aus
der exklusiven Oberschicht. Viel schlimmer sind die Folgewirkungen.
Am Ende fehlen uns die gutverdienenden Spezialisten, Wissenschaftler,
Unternehmer, Investoren usw. Die Eliten haben einen starken
Multiplikationseffekt, sie sind die Stützen der Gesellschaft -
sie ermöglichen letztlich erst die hohen Transferzahlungen an
die große Zahl der Leistungsempfänger.
Selbst
bei denen, die dem Staat die Treue halten, werden sich die
höheren Abgaben letztlich negativ auswirken. Mit jedem
Steuerprozent schwindet nämlich auch die
Leistungsbereitschaft. Warum sich noch groß schinden, wenn
der Staat immer mehr abkassiert? Wollte man das Ganze in Zahlen
ausdrücken würde sich vielleicht folgende Rechnung
aufmachen: Im ersten Jahr ein Einnahmeplus von zehn Milliarden Euro
aufgrund höherer Vermögenssteuern, im nächsten Jahr
sind es dann nur noch fünf Milliarden und im dritten Jahr
ergäbe sich vielleicht eine Nullsumme. Danach folgt die
Umkehr: Viertes Jahr zehn Milliarden Einnahmeverlust, im
fünften Jahr kann sich dieser bereits auf 30 Milliarden
hochschaukeln, um im sechsten Jahr bereits 100 Milliarden
auszumachen.
Diese Zahlen sind natürlich nur eine grobe Schätzung, sie
sind abhängig vom Ausmaß der Steuererhöhungen und den
ausländischen Steuertarifen. Die hohen Summen in den
späteren Jahren ergeben sich aus den Folgeschäden, dem
Mangel an motivierten Eliten und der Abwanderung mancher Unternehmen.
Es
wäre schön, die Vermögenden höher besteuern zu
können
Ich
gebe es unverhohlen zu: Ich persönlich würde es durchaus
begrüßen, wenn man Reichen und Superreichen mehr Steuern
aufbrummen könnte. Moralisch gesehen wäre dies durchaus
gerechtfertigt, oft sogar wünschenswert (zumal manche
Vermögende auf höchst dubiose Weise zu ihrem Reichtum
gekommen sind). Aber ich sehe ein: Es geht leider nicht! Nur aus
Prinzipienreiterei bringt es nichts, unsere Volkswirtschaft noch mehr
zu strangulieren. Ein Rachefeldzug gegen die Oberklasse schadet
allen, das sollte man auch in einer Neidgesellschaft
eingestehen.
Ab
wann soll die Vermögenssteuer greifen?
Bezüglich
der Vermögenssteuer gibt es noch ein anderes Problem,
worüber nicht gerne gesprochen wird. Ab welcher
Vermögenshöhe soll eigentlich die Strafsteuer einsetzen.
Das Häuschen der Oma will bekanntlich niemand antasten, aber wo
setzt man die Grenze? In manchen Ballungsgebieten sind die
Immobilienpreise so hoch, dass das normale Haus einer
vierköpfigen Familie dort leicht einen Wert von über
500.000 Euro übersteigen kann. Soll das steuerfrei bleiben? Oder
sollen etwa Immobilien grundsätzlich nicht zum Vermögen
gezählt werden? Und wie verträgt sich das alles mit dem
Grundgesetz - die Vermögenssteuer ist schließlich nicht
ohne Grund abgeschafft worden.
Warum
wurde die Vermögenssteuer abgeschafft?
1996
wurde in der Deutschland die Vermögenssteuer wieder abgeschafft.
Das geschah nicht, um das Wahlvolk gegen sich aufzubringen. Man hatte
vielmehr schon damals erkannt, dass die Vermögenssteuer dem
Fiskus unterm Strich kaum etwas bringt. Die Verwaltungs- und
Steuererhebungskosten sind extrem hoch, weil Vermögen immer
wieder neu bewertet werden müssen. Zwangsläufig führen
diese Schätzungen zu ständigen Meinungsverschiedenheiten
und langwährigen juristischen Auseinandersetzungen.
Besonders gebeutelt und benachteiligt werden durch die
Vermögenssteuer mittelständische Unternehmer, was sich
für eine Volkswirtschaft bestimmt nicht
auszahlt. Im
Endeffekt erwies sich die Vermögenssteuer damals als teure und
unwirtschaftliche ABM-Maßnahme für Juristen, Steuerberater
und Finanzbeamte.
Ein
Prozent Steuern auf Vermögen über zwei Millionen?
Die
SPD und die Grünen haben im August 2012 konkrete Pläne
vorgelegt. Sie wollen eine einprozentige Abgabe bei Vermögen
über zwei Millionen Euro (bei Ehepaaren doppelter Freibetrag).
Nach Berechnungen des DIW (Deutsches Institut für
Wirtschaftsforschung) würde die Vermögenssteuer in
Deutschland dann 140.000 natürliche Personen und 165.000
juristische Personen (also Unternehmen) treffen und etwa 11,5
Milliarden Euro jährlich einbringen. Die schädlichen
Auswirkungen einer solchen Vermögenssteuer bleiben bei dieser
Milchmädchenrechnung natürlich unberücksichtigt. Auch
darf daran erinnert werden, dass Unternehmenssteuern
grundsätzlich auf die Preise abgewälzt werden - am Ende
also doch die Verbraucher die Zeche zahlen müssen.
Die
Vermögenssteuer soll ebenfalls für Unternehmen
gelten. Diese stehen dann vor der Wahl: Entweder Firmensitze
und Betriebsstätten ins Ausland verlagern oder einfach
die Vermögenssteuer auf die Verbraucher
abwälzen.
Wäre
eine europaweite Vermögenssteuer die Lösung?
Ganz
trickreich argumentieren Leute, die eine einheitliche
europäische Vermögenssteuer anmahnen oder als Konzept
anbieten. Damit, so meinen sie, wäre das Problem der drohenden
Abwanderung der Reichen weitgehend gelöst. Was
dabei leider verschwiegen wird: Eine europaweite Einigung wird es
vermutlich niemals geben! Souveräne Staaten wie die Schweiz
oder Monaco werden sich ihre Steuerpolitik nicht von anderen Staaten
vorschreiben lassen und selbst innerhalb der EU sind die Interessen
und Auffassungen höchst unterschiedlich.
Aber davon einmal ganz abgesehen wäre eine europaweite
Abstimmung der Vermögenssteuer völlig unzureichend. Wir
leben schließlich im Zeitalter der Globalisierung! Wem es auf
unserem Kontinent zu ungemütlich wird, dem steht mit seinem
Vermögen die ganze Welt offen. Nur die wenigsten Millionäre
sind auf einen Wohnsitz in Europa angewiesen.
Augenmaß
ist angesagt!
Der
vorstehende Text sollte nicht so verstanden werden, dass an den
bestehenden Spitzensteuern auf Einkommen, Vermögen und
Erbschaften nicht mehr gerüttelt werden darf. Anpassungen an das
ausländische Umfeld sind hin und wieder erforderlich und im
diesem Zusammenhang sind vielleicht auch mal Korrekturen nach oben
oder grundsätzliche Reformen machbar.
Aber als Wahlkampfthema ist dieser komplizierte Anpassungsprozess
denkbar ungeeignet! Eine Partei, die mit derart plumpen,
populistischen Forderungen punkten will (und damit die Eliten schon
im Vorfeld verschreckt), ist für mich untendurch.
Denn
nach meinem Empfinden denkt eine solche Partei nur an ihren eigenen
Wahlerfolg - nicht aber an das Gemeinwohl.
Eine
Partei, die auf so primitive Weise Missgunst und Unzufriedenheit in
der Bevölkerung schürt, hat es nicht verdient, vom
Wähler dafür auch noch belohnt zu werden.
Schön, leider jedoch utopisch, wären internationale
Abkommen über alle Arten von Steuern, auch bezüglich der
Vermögen. Dann gäbe es diesen ärgerlichen
Steuerwettbewerb nicht. Aber
für einen derartigen Wandel ist die Zeit noch lange nicht reif,
die meisten Staaten verfolgen zu sehr ihre Eigeninteressen.
Außerdem verhindern häufig starke Lobbygruppen und
unsachliche Debatten weitreichende Reformen.
Schleichende
Enteignung!
Es
sei darauf hingewiesen, dass Vermögen bereits durch
staatliche Maßnahmen schleichend entwertet werden!
Wegen der Billigzinspolitik der Zentralbanken (die
dafür selbst generiertes "Kunst"geld einsetzen) werden
Spareinlagen weit unterhalb der Inflationsraten verzinst.
Dieser Akt ist gleichbedeutend mit einer schleichenden
Enteignung! Die läppischen Zinserträge (die nicht
einmal die Geldentwertung ausgleichen) müssen dann auch
noch versteuert werden. Und indirekt wird auch evtl.
vorhandener Immobilienbesitz entwertet, weil die absurd
niedrigen Hypothekenzinsen (direkte Folge des
Billigdiskontsatzes der EZB) für ein Überangebot
an Immobilien sorgen (was nach Platzen der Blase
natürlich böse Folgen haben wird).
Fazit: Der Staat sorgt mit seiner Billigzinspolitik für
eine günstige Finanzierung seiner Staatsschulden -
bezahlt wird dieses Manöver über die schleichende
Enteignung der Vermögenden.
Zahlen
Besserverdiener zu wenig Steuern?
Viele
Menschen entrüsten sich, weil Besserverdiener mit einem
Jahresgehalt ab 70.000 Euro in der Spitze nur 42 % Einkommensteuer
löhnen müssen. Von einer Umverteilung von unten nach oben
ist die Rede. Dabei wird verkannt, dass der eigentliche Steuersatz
höher liegt, da Besserverdiener z. B. Kitagebühren selbst
zahlen müssen. Und sollten sie einmal zu einem Pflegefall
werden, müssen sie einen hohen Eigenanteil zahlen (pro Jahr ca.
35.000 Euro). Kosten, die bei Vermögenslosen vom Staat
übernommen werden. Dass dies alles so klaglos hingenommen wird,
liegt vermutlich an der Intransparenz der Sozialgesetze.
Eine
herzliche Bitte: Sollte Ihnen dieser Artikel
(https://www.kapitalismus-online.de/vermoegenssteuer.html) gefallen
haben, empfehlen Sie ihn bitte weiter. Denn nur die allgemeine
Aufklärung der Bevölkerung ebnet den Weg für
notwendige Veränderungen. Es dankt Ihnen Manfred J.
Müller
Eine
weitere Bitte: Sollte Ihrer Meinung nach in obiger Abhandlung etwas
fehlerhaft, unaufrichtig oder unklar dargestellt worden sein, teilen
Sie es mir bitte unter m.mueller@iworld.de kurz mit. Ich werde den
Absatz dann prüfen und ggf. abändern.
Startseite
www.kapitalismus-online.de
Impressum
©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
November 2009
Seit
der Kaiserzeit hat sich die Produktivität in Deutschland
verzehnfacht! Und trotzdem will man uns
einreden, die Zahl der Rentner sei eine zu große Belastung und
unser Land sei nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen, wir
seien auf jährlich 400.000
Zuwanderer
bzw. Billiglöhner aus dem Ausland angewiesen. Für wie dumm
hält man uns?