Translater:
Macht die Globalisierung blind?
Trotz Weltwirtschaftskrise beharren viele Politiker stur auf ihren alten Parolen. Immer noch behaupten sie, "die Globalisierung schaffe Wohlstand und Arbeitsplätze". Doch wo finden sich diese Arbeitsplätze?
Textilindustrie:
Deutschland importiert 97 % seiner Textilien!
In
den 1970er Jahren arbeiteten in Deutschland (BRD und DDR) noch 1,2
Millionen Menschen in der Textil- und Bekleidungsindustrie.
Inzwischen wurden dort über eine Million Arbeitsplätze
abgebaut. Der
gleiche Trend vollzog sich in fast allen anderen
Produktionsbereichen:
Haushaltsgeräte:
Fast alles wird importiert!
Nur
ein kleiner Teil der in Deutschland verkauften Toaster, Mixer,
Elektro- und Gasherde, Waschmaschinen, Trockner, Staubsauger,
Kühlschränke, Geschirrspüler usw. wird noch im eigenen
Lande hergestellt. Ist es gut und richtig, dass wir andere Nationen
für uns arbeiten lassen und im Gegenzug zehn Millionen
Erwerbsfähige einfach aufs Abstellgleis schicken, sieht
so
die
internationale Arbeitsteilung aus?
Büromaschinenindustrie:
Woher kommen die Kopierer?
Auch
die einst bedeutende deutsche Büromaschinenindustrie ist nahezu
sang- und klanglos untergegangen. Wie viele Kopiergeräte,
Drucker, Computer, Registrierkassen usw. werden heute noch im
einstigen Wirtschaftswunderland hergestellt? Arbeitskräfte
wären genügend vorhanden, um zumindest den Eigenbedarf zu
decken. Aber der Staat will das nicht! Er verzichtet lieber
auf Zölle und überlässt die Zukunft
dem
freien Spiel der Kräfte.
Wer im Ausland am billigsten produziert, der gewinnt. Aber
Deutschland verliert!
Unterhaltungselektronik
und Informationstechnologie:
Auch hier ging eine Ära zu Ende!
Deutsche
Rundfunkgeräte, Fernseher, Plattenspieler, Tonbandgeräte
usw. genossen einst Weltruf. Aber den globalen Dumpingwettbewerb
konnte auch diese Branchen nicht überleben. TV-Geräte,
Radios, CD-Player, Spielekonsolen, Handys, Telefone usw. werden heute
weitgehend importiert.
Möbel, Lampen, Sanitäranlagen, Heimwerkerbedarf -
überall ist die deutsche Produktion auf dem Rückzug! Die
breitflächige schleichende Vernichtung deutscher
Arbeitsplätze haben anscheinend viele Politiker noch immer nicht
so recht begriffen (sie fallen auf ihre eigene Bilanzkosmetik
herein). Ansonsten würden sie handeln, würden den
internationalen Schmusekurs beenden und wieder die Zölle auf das
Niveau früherer Zeiten anheben. Wer als Verbraucher meint, er
profitiere letztlich von den günstigen
Billigimporten,
irrt
sich gewaltig.
Foto-,
Spielwaren-, Haushaltswarenindustrie - nichts geht mehr...
Wo
man auch hinschaut - es gibt bis auf wenige Ausnahmen keinen Bereich,
der nicht vom globalen Dumpingwettbewerb erfasst und weitgehend
ausgerottet wurde. Wie stolz konnten wir einst sein auf unsere
Fotoindustrie! Fotoapparate, Filmkameras, Blitzgeräte,
Fototaschen, Stative, Fotopapiere, Filme - alles war "made in
Germany". Und heute? Der Spielzeugindustrie erging es nicht besser,
ebenso wie den vielen anderen Branchen. Und immer noch heißt es
dreist: "Wir profitieren vom Export, von der Globalisierung, von der
EU".
"Aber
wir sind doch Exportweltmeister!
70 % unserer Autos werden im Ausland abgesetzt!"
Von
allen Produktionsbereichen sind uns lausige drei Branchen
geblieben, in denen wir international noch mithalten können.
Diese drei Paradedisziplinen werden uns unentwegt vor Augen
geführt als Beweis für die wohlstandsfördernden
Auswirkungen der Globalisierung. Doch bei seriöser Betrachtung
wurden nicht einmal in der Autoindustrie durch den hohen
Exportanteil Arbeitsplätze geschaffen. Das hängt damit
zusammen, dass die Fertigungstiefe Jahr für Jahr abnimmt. Immer
mehr vorgefertigte Teile stammen aus dem Ausland. In den großen
deutschen Werken werden diese Komponenten dann
zusammengefügt. In
der deutschen Autoindustrie gibt es derzeit noch 800.000 hart
umkämpfte Arbeitsplätze. Aber die hätten wir auch
(mindestens), wenn Deutschland nur für den eigenen Markt
produzieren würde und kein einziges Auto (und keine
Fertigteile) exportieren oder importieren würde.
Selbst
in unserer Vorzeigebranche (der Autoindustrie), gibt es durch die
Globalisierung also keinerlei Arbeitsplatzgewinne.
Wenn
wir einen kleinen Blick in die Zukunft wagen, trüben sich die
Aussichten weiter ein. Wenn in Indien bereits vollwertige Autos
für 1700 Euro zu haben sind wird deutlich, wohin die Reise
geht.
Auch China wird den Weltmarkt früher oder später mit
preiswerteren technologisch hochentwickelten Autos aufrollen wollen.
Bei den dann möglichen Dumpingpreisen hätten die alten
Industrienationen absolut keine Chance, sie könnten nicht mehr
mithalten. General Motors wird nicht der letzte Autogigant sein, der
ohne Staatshilfen längst pleite wäre.
Auch
im Maschinenbau und der Chemie wird sich der gleiche qualvolle
Überlebenskampf abspielen.
Auch
die beiden letzten deutschen Vorzeigeindustrien (Maschinenbau und
Chemie) werden früher oder später von der
ausländischen Billigkonkurrenz überrollt werden. Man muss
kein Finanz- oder Wirtschaftsgenie sein um zu erkennen, dass
Hochlohnländer bei Stundenlöhnen von ein bis zwei Euro auf
Dauer nicht mithalten können und in einem offenen (zollfreien)
Weltmarkt letztlich zum Untergang verdammt sind.
Durch
den zollfreien Weltmarkt verlor Deutschland etwa zehn
Millionen Industriearbeitsplätze.
Die
Ausrottung der meisten Industriebereiche in Deutschland bedeutet
einen Verlust von etwa zehn Millionen Vollzeit-Arbeitsplätzen.
Da die drei verbliebenen Produktionsbereiche trotz aller
Exporterfolge keine echten zusätzlichen Arbeitsplätze
schaffen konnten, bleibt unterm Strich ein Totalverlust von zehn
Millionen Arbeitsplätzen. Angesichts
von 10 Millionen verloren gegangenen Arbeitsplätzen im Zuge der
Globalisierung ist es der reine Hohn, von einer Wohlstandsmehrung
durch die Globalisierung zu sprechen. Die negative Bilanz
bestätigt sich durch die Entwicklung der realen Nettolöhne.
Seit 1980 sind diese nämlich in Deutschland um mehr als 15
Prozent gesunken - obwohl der technische Fortschritt (das
Produkivitätswachstum) eigentlich eine Verdoppelung des
Wohlstands hätte erbringen müssen.
Wer
behauptet, die Globalisierung schaffe Arbeitsplätze und
Wohlstand, ist ein Narr oder Lügner.
Nicht
einmal in den drei Topbranchen hat die Globalisierung
Arbeitsplätze regeneriert. Im Gegenzug gingen bei den ehemals
bedeutenden Industrien (in denen Deutschland oftmals Marktführer
war) zehn Millionen Arbeitsplätze verloren.
Das
kostet dem Sozialstaat (den
Steuerzahlern) ein Heidengeld.
Leider wird das wahre Ausmaß der Katastrophe durch
Bilanzkosmetik stark vernebelt. Neben den statistisch
ausgewiesenen Erwerbslosen belasten zum Beispiel Millionen
Frührentner unser Gesellschaftssystem. Anstatt an der Produktion
der im eigenen Land benötigten Konsumgüter zu arbeiten und
an den Staat Steuern und Sozialabgaben abzuführen, liegen die
aufs Abstellgleis abgeschobenen Frührentner dem Steuerzahler auf
der Tasche. Kaum besser steht es um die Millionen Menschen, die in
1-Euro-Jobs, ABM-Maßnahmen, Umschulungen und
Praktika
notdürftig
untergebracht und der Arbeitslosenstatistik entzogen werden.
Unsere Gesellschaft leistet sich den Luxus, einen Großteil
ihres Humankapitals abzuschreiben, nur weil sie meint, die
benötigten Konsumartikel billig importieren zu können. Die
Unterhaltskosten für diese zehn Millionen Menschen sind weit
höher als das bescheidene Einsparvolumen durch die Billigimporte
(mehr
dazu...).
Deshalb auch der allgemeine Wohlstandsabstieg.
Es ist ein Trugschluss zu glauben, das globale Lohn-und Konzernsteuerdumping (als Folge des Zollabbaus) erhöhe unsere Kaufkraft. Das genaue Gegenteil ist der Fall! Die inhumane Ausbeutung der Erwerbstätigen in den Billiglohnländern sorgt zwar für niedrige Gestehungspreise, die werden aber selten weitergegeben. Im Grunde ist die internationale Arbeitsteilung aufwendig und kontraproduktiv. Und der globale Standortwettbewerb erzwingt auch hierzulande sinkende Reallöhne (schon seit 1980). Am Ende beschert der Zollfreihandel nur den Großkapitalisten, Konzernen und Spekulanten märchenhafte Gewinne und Machtansprüche.
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allgemeine Aufklärung der Bevölkerung ebnet den Weg
für notwendige Veränderungen. Es dankt Ihnen Manfred J.
Müller
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Impressum
©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
September 2009
Manfred
J. Müller analysiert seit 40 Jahren weltwirtschaftliche
Abläufe. Er gilt als wegweisender Vordenker. So forderte er zum
Beispiel schon vor 20 Jahren eine Art Lieferkettengesetz,
das Hersteller und Händler verpflichtet, nur fair entlohnte und
produzierte Waren nach Deutschland einzuführen (wurde endlich im
Mai 2021 Gesetz). Außerdem empfahl er schon ewig eine
Mindestgewinnsteuer für Großunternehmen auf im
Inland angefallene Umsätze (Joe Bidens Vorschlag von einer
globalen Mindestertragssteuer im Frühjahr 2021 zielt zwar
endlich in die gleiche Richtung, ist aber viel zu lahm und wird sich
international kaum umsetzen lassen). Seit drei Jahrzehnten
kämpft Manfred J. Müller auch für seine Idee einer
Lohnkostenreform (schrittweiser Abbau der
Sozialversicherungsbeiträge bei einer Gegenfinanzierung
über Mehrwertsteuern und Zölle).
Auch seine Empfehlung, einem ausgewählten afrikanischen
Entwicklungsland beim Aufbau
eines Renten-Generationenvertrages
zu unterstützen (um das Bevölkerungswachstum
einzudämmen und echte Kaufkraft ins Land zu pumpen) findet
zunehmend Fürsprecher.
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred J. Müller
"Es
gibt zu unserer Politik keine Alternative!". Denkverbote,
Maulkörbe, Einschüchterung, Mobilisierung der Massen,
Rufmord - soll das die Demokratie des 21. Jahrhunderts sein?